Zwischen 2004 bis 2012 ist es im Münstertal und im Engadin zu illegalen Preisabsprachen gekommen. Die FDP hat eine lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse gefordert und ist erfreut, dass der Kanton von den kolportierten Korruptionsvorwürfen reingewaschen werden konnte. Kritik übt die Partei in diesem Zusammenhang jedoch an der Vorverurteilung in gewissen Medien.
Es war der bislang grösste Schweizer Fall von Preisabsprachen im Baugewerbe: der Bündner Bauskandal. Zwischen 2004 und 2012 beteiligten sich 40 Unternehmen an Absprachen bei rund 1’160 Bauprojekten. Unklar war, ob Regierungsmitglieder oder Beamte in die Absprachen involviert waren, davon wussten oder davon hätten wissen müssen. Nun zeigt sich: Weder Mitglieder der Regierung noch Mitarbeitende der kantonalen Verwaltung waren aktiv in die Submissionsabsprachen involviert. Auch wurden sie nicht bestochen. Allerdings wussten sie ab einem gewissen Zeitpunkt von den Abreden und haben diese mehr oder weniger ignoriert. Zu diesem Schluss kommt der heute in Davos vom Grossen Rat verabschiedete zweite Teilbericht der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Die Untersuchung ist damit abgeschlossen und die im Vorfeld von gewissen Medien kolportieren Korruptionsvorwürfe entkräftet.
«Es ist auffallend, dass die Einsicht der verantwortlichen Personen anlässlich der Befragung nicht oder nur beschränkt vorhanden war, dass man sich mit Rechtfertigungsversuchen zufrieden gab und teilweise sogar eine gewisse Gleichgültigkeit an den Tag legte, anstatt Verantwortung zu übernehmen», sagte Michael Pfäffli (FDP, St. Moritz). Der Oberengadiner FDP-Grossrat präsidierte die fünfköpfige Untersuchungskommission, die sich als überparteiliches Gremium aus Vertretern der SP, CVP, BDP und SVP zusammensetzte.
Grosser Imageschaden für den Kanton Graubünden
Der Grosse Rat hatte die parlamentarische Untersuchungskommission 2018 mit dem Ziel eingesetzt, festzustellen, ob sich der Kanton Graubünden – wie medial oft behauptet – der Korruption schuldig gemacht habe. Im Fokus standen Regierungsmitglieder und Beamte. Die FDP Graubünden ist erfreut, dass dieser Vorwurf mit der lückenlosen Aufarbeitung durch die PUK entkräftet werden konnte. «Wir sind erfreut und erleichtert, dass sich diese Vorwürfe letzten Endes als haltlos herausgestellt haben», meint Grossrat Oliver Hohl (FDP, Chur). In seinem Votum findet Hohl aber nicht nur lobende Worte. Er kritisiert insbesondere auch die Rolle einiger Medien. «Dies teilweise haltlosen Vorverurteilung haben dem Kanton Graubünden und seinen Institutionen in annähernd niederträchtiger Art und Weise grossen Schaden zugefügt.»
Die FDP Graubünden teilt diese Ansicht und sieht die journalistische Sorgfaltspflicht gewisser Medien als nicht erfüllt an. Im April 2018 wurde durch ein Online-Magazin «die Geschichte wie Polizisten, Richter und Amtspersonen das Recht zum Vorteil des Kartells gebeugt haben» kolportiert. Diese vorverurteilende Berichterstattung hat das gute Bild Graubündens und die Glaubwürdigkeit seiner Institutionen über Jahre hinaus beschädigt. Die FDP möchte deshalb festhalten, dass der Kanton, seine Institutionen und seine Mitarbeitenden das Kartell nicht wissentlich gefördert haben. Eine schädliche Verfilzung zwischen Bauämtern und Bauunternehmungen gab es nicht. Auch gab es keine Bestechung und keine Korruption, wie es medial und auch von Seiten des Whistleblowers behauptet wurde.
Vertrauen wiederherstellen und bürokratischen Kostenexplosionen verhindern
«Der Kanton Graubünden und seine Institutionen sind in den ganz wesentlichen Punkten, welche nicht nur das Unterengadin, sondern ganz Graubünden in ein schlechtes Bild gerückt haben, entlastet», fasst Grossrat Duosch Fadri Felix (FDP, Scuol) den über 470 Seiten starken zweiten Teilbericht zusammen. Nun gelte es das Vertrauen wiederherzustellen und aus den gemachten Fehlern zu lernen. Die FDP sieht den Kanton in der Pflicht die in den beiden PUK-Berichten erarbeiteten Handlungsempfehlungen schnellstmöglich und konsequent umzusetzen, damit sich ein solcher Fall nicht wiederholen kann. «Die Zuschlagskriterien für Bauprojekte waren zu stark auf den Preis fokussiert. Und so kam es, dass jeweils der billigste Anbieter den Zuschlag erhielt. Das begünstigte Submissionsabsprachen unter den Unternehmern und verhinderte einen funktionierenden Wettbewerb», so Felix. Der 48-jährige Bauingenieur zeigt sich erfreut, dass die Gewichtung der Zuschlagskriterien nun angepasst wird. Neu ist bei der Vergabe eines kantonalen Bauprojekts nicht nur der Preis das ausschlaggebende Kriterium. Diese Anpassung bei der Gewichtung der Vergabekriterien sei sehr wichtig. Dass am Ende der Kanton wegen fehlendem Wettbewerb tiefer in die Tasche greifen muss, darf nicht sein. «Die FDP wir die Situation beobachten und sich dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für einen funktionierenden Wettbewerb auch weiterhin gewährleistet sind», so Felix.
Führungsschwache Kantonspolizei
Die illegalen Preisabsprachen unter Engadiner Baufirmen machten schweizweit Schlagzeilen. Nicht nur wegen der hohen Bussen der Wettbewerbskommission (WEKO), sondern vor allem auch wegen der Mitarbeit der Polizei. «Die Polizei hat die Aufarbeitung der PUK am ersten Teilbericht nur widerwillig unterstützt», heisst es von der FDP. Die Freisinnigen attestieren dem Bündner Polizeikorps ein Führungsproblem, das nach wie vor ungelöst sei. Den Polizistinnen und Polizisten könne in diesem Zusammenhang kein Vorwurf gemacht werden. «Es ist die Führung, die Qualität schafft oder verhindert.»
Die FDP hofft, dass der Kanton Graubünden mit dem heutigen Tag ein dunkles Kapitel in seiner Geschichte schliessen und die Verwaltung entlastet von vielen unhaltbaren Anschuldigungen in die Zukunft blicken kann.